
Verbreitung: |
500.000 Gläubige in Syrien, Libanon, Türkei,
Israel, |
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Jordanien, Irak und Europa, Amerika; 1 Mio. in
Indien |
Sitz: |
Damaskus (Syrien) |
Kirchenverwaltung: |
Patriarchat von Antiocheia mit 27 Eparchien,
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5 Klöster |
Status: |
Autokephal |
Ritus: |
Westsyrisch |
Kirchensprache: |
Aramäisch, Arabisch, Türkisch (in Indien:
Malayalam) |
Muttersprache: |
Arabisch, Aramäisch (in Indien: Malayalam) |
Kalender: |
Julianisch (Weihnachten am 25. Dez., |
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Ostern beweglich) |
Oberhaupt: |
Seine Heiligkeit Ignatius Zakka I. Iwas (geb.
1933) |
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seit 1980 Syrisch-Orthodoxer Patriarch von
Antiochien und dem ganzen Osten |
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In der Apostelgeschichte (11, 26) heißt es, dass man in
Antiochien die Jünger Christi zuerst "Christen" nannte. Deshalb und weil es
Petrus war, der die Gemeinde gegründet hat, spricht man dieser Stadt eine
besondere Tradition zu. Leider geriet das altehrwürdige Patriarchat im 4./5.
Jh. mitten in die dogmatischen und politischen Auseinandersetzungen der alten
Kirche und musste frühzeitig erfahren, was Schismen bedeuteten. Die persische
Kirche gründete in Ktesiphon ihr eigenes Katholikat, das wir heute assyrisch
(früher nestorianisch) nennen. Anschließend trennten sich Syrer und
kaisertreue Melkiten im Monophysitenstreit. Im 7. Jh. fielen die libanesischen
Bergstämme ab und folgten dem Mönch Maron, der sein Gefolge in die
Reichskirche zurückführte. Seit dem 16. Jh. entstanden zu den drei
nichtkatholischen Filiationen des alten antiochenischen Patriarchates unierte
Kirchen der Syrer, Chaldäer und Melkiten.
In den Schulen von Edessa und Nisibis standen dem
antiochenischen Patriarchat stets hervorragende Universitäten zur Verfügung,
deren Hauptvertreter Diodorus von Tarsus (gest. 394), Theodor von Mopsuestia
(350-428), Johannes von Antiochia (gest. 433), Rabbula (gest. 435), Ibas von
Edessa (gest. 457), Theodoret von Cyrrhus (393-466), Philoxenos von Mabbug
(gest. 523) und Severus (von 512-18 sogar Patriarch, gest. 538 in Ägypten)
waren. Im 8. Jh. war der syrische Theologe Johannes von Damaskus (675-750)
Organisator und Chefberater des ommajjadischen Kalifats.
Am Beginn des 6. Jh. schien es, als sollte sich in der
oströmischen Welt die syrisch-antichalzedonensische Richtung durchsetzen, doch
unter den Kaisern Justin (518-27) und seinem Neffen Justinian (527-65) setzten
sich in Konstantinopel die Chalzedonenser trotz aller Sympathien von Kaiserin
Theodora für die Antiochener durch. Patriarch Severus floh nach Ägypten, wo
ihn 535 erneut der Bannstrahl des Kaisers erreichte, als auch der mächtige
alexandrinische Patriarch Theodosios weichen musste.
An den vom Kaiser eingesetzten Patriarch Paulos und
Efrasios vorbei wirkte der Mönch Johannes von Tella unter den syrischen
Christen, bis er 537 enthauptet wurde. Nach fünf Jahren gelang es Kaiserin
Theodora, daß Theodosios von Alexandria zwei Bischöfe für Syrien weihen
durfte: Theodor von Arabien und Jakob Baradäus. Letzterer legte als
Wanderbischof den Grundstein für die Hierarchie der heutigen
syrisch-orthodoxen Kirche, die in manchen Lexika dafür auch die
jakobitisch-westsyrische (im Gegensatz zur assyrisch-ostsyrischen) genannt
wird.
Offiziell war diese Kirche verboten, weil sie die Konzile
von Chalzedon 453 und Konstantinopel 553 ablehnte. Ihr Patriarch und ihre
Bischöfe residierten bis 1922 in den syrischen Klöstern am Khaburfluss und im
Turabdin, der wegen der Illegalität dieser Kirche den Beinamen "Berg der
Knechte Gottes" erhielt. Zwischendurch gab es Ende des 6. Jh.s einen
jurisdiktionellen Streit mit den alexandrinischen Kopten, die meinten, durch
die theodosianischen Weihen von 542 eine Art Primat über die Syrer zu haben.
Als Kaiser Heraklios (610-41) versuchte, den Syrern entgegenzukommen, um seine
Ostprovinzen nicht an die Sasaiden zu verlieren, löste er den
Monotheletenstreit und die Abspaltung der Maroniten aus, ohne eine Versöhnung
der Syrer mit der Reichskirche zu erreichen. Die Beziehungen zwischen Syrern
und Kopten waren ab dem 9. Jh. traditionell eng und gut. Viele syrische Mönche
verbrachten einige Jahre in Klöstern des Wadi Natrun, wo schließlich in Deir
el-Syriani ein spezielles Kloster für sie gegründet wurde.
Die syrische Kirche blieb vom Kalifat von Bagdad
Jahrhunderte lang unbehelligt. Gelegentliche Pogrome unter den Christen
blieben Übergriffe unkontrollierter Söldnerbanden. Die syrische Literatur,
Geschichtsschreibung, Theologie und die Herstellung illustrierter
Handschriften zeugen von einer regen kulturellen Tätigkeit. Die Kirche
entfaltete in mehr als 100 Diözesen zwischen Afghanistan und Südindien ein
reiches Gemeindeleben. Selbst im fernen Sinkiang soll es zeitweise
Niederlassungen gegeben haben. Durch die Mongolen kam 1243/46 nicht nur das
Ende des abbasidischen Kalifats, sondern auch der altsyrischen Tradition.
Angeblich waren Euphrat und Tigris schwarz gefärbt von der Tinte, die sich im
Wasser aus den Pergamenthandschriften wusch, nachdem man sie ins Wasser
geworfen hatte.
Die Folgen waren für die syrischen Christen fatal. Wegen
Streitigkeiten um die Fastenzeiten kam es zu tief greifenden unversöhnlichen
Schismen mit bis zu vier Patriarchen gleichzeitig. Die Syrer standen 200 Jahre
lang zwischen allen Fronten. Osmanen, Mongolen (Timur Lenk) und Ilkhane
bekriegten einander auf ihre Kosten. An Gegenwehr war nicht zu denken, weil
niemand da war, die Interessen des Volkes glaubwürdig zu vertreten. Erst im
15. Jh. konnte diese innere Zerrissenheit wieder geheilt werden. Patriarch
Ignatios XII. nahm seinen Sitz in Mardin. Die syrischen Gemeinden waren
allerdings stark dezimiert worden. Schon damals begann die Auswanderung in den
Libanon und den heutigen Irak.
Am Ende des 19. Jh.s gerieten die Syrer zwischen die
Fronten der Auseinandersetzung, die sich zwischen Türken und Armeniern
abzuzeichnen begann. Die von den Türken bewaffneten kurdischen Clans
unterscheiden in den kritischen Jahren 1914 - 1918 kaum, ob sie es mit Syrern
oder Armeniern zu tun hatten. Das kostete mehr als 100.000 Syrern das Leben.
Patriarch Ignatios Elias verlegte seinen Sitz nach Homs in Syrien, wo er unter
französischer Hoheit stand. 1959 siedelte Patriarch Ignatios Yacoub III. nach
Da-maskus um. Damit war der letzten Bastion der Syrer im Turabdin der Rückhalt
genommen. Die seit 1961 in der Türkei angeworbenen Gastarbeiter für
Deutschland waren in den ersten Jahren fast nur sogenannte "Turabdiner", also
syrische Christen, die auf der Suche nach materieller Sicherheit nach
Jahrhunderten des Leidens und der Unterdrückung ihrer angestammten Heimat den
Rücken kehrten. Von damals 150.000 Einwohnern des Turabdin sind kaum 2.000
verblieben. Stattdessen gibt es ein reges Gemeindeleben in Deutschland,
Holland, Schweden und den USA.
Die indischen Thomaschristen hatten traditionell keine
Kontakte zur syrischen Kirche, wohl aber zur assyrischen, von der sie im 17.
Jh. eine Reform erhofften, weil sie Gefahr liefen, von den Portugiesen
latinisiert zu werden. Als das scheiterte, gelang es ihnen 1665, mit dem
Patriarchat von Mardin Kontakte aufzunehmen. Der Patriarch schickte ihnen
einen Bischof, der die heute bestehende westsyrisch-indische Hierarchie der
Malankara syrisch-orthodoxen Kirche aufzubauen begann, die im 19. Jh. weitere
innere Spaltungen hinnehmen musste.
Quelle: Pro Oriente
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